EntoProg – Entwicklung digitaler Prognosemodelle und Entscheidungshilfen im Pflanzenschutz zur Abschätzung des Befalls von Schadinsekten in Raps, Zuckerrübe und Mais

Laufzeit: 01.11.2021-31.10.2026
Projektleitung: Dr. Benno Kleinhenz, Juliane Schmitt
Ansprechpartner: Dr. Felix Briem

Hintergrund des Verbundvorhabens

Ziel des Verbundvorhabens ist die Erarbeitung von Prognosemodellen und Entscheidungshilfesysteme (EHS) für wichtige Schadinsekten in den Kulturen Raps, Zuckerrübe und Mais.

Die Prognosemodelle dienen als Entscheidungshilfen zur Optimierung der zeitlichen und räumlichen Planung von Befallserhebungen sowie zur Abschätzung der Bekämpfungsnotwendigkeit und der Terminierung von Bekämpfungsmaßnahmen. Sowohl Beratungskräfte als auch die landwirtschaftliche Praxis werden damit unterstützt ressourcenschonend zu agieren, indem wichtige Termine für Befallserhebungen vorzeitig bewarnt werden und gleichzeitig Arbeitszeit in Zeiträumen und Regionen ohne Befallsgefahr eingespart wird. Durch die bessere Abschätzung der tatsächlichen Bekämpfungsnotwendigkeit der Schadinsekten werden überflüssige zu frühe oder prophylaktische Behandlungen reduziert und ein integrierter Pflanzenschutz gefördert.

EHS empfehlen der Praxis konkrete Handlungen, wie bspw. „Fallen aufstellen“ (Monitoringstart), „Schädling könnte aktiv sein“ oder „Behandlung durchführen, wenn Schädling in Falle gefunden“. Dadurch werden die EHS die Planung von Maßnahmen zur Bekämpfung oder Regulierung der einzelnen Schadinsekten im Sinne des „Nationalen Aktionsplans Pflanzenschutz“ (NAP) erleichtern.

Folgende Schaderreger stehen in EntoProg im Fokus:

Abbildung 1 In EntoProg bearbeitete Schadinsekten
Stand der Arbeiten im Raps

Im Raps werden EHS für die wichtigsten acht Schadinsekten entwickelt (Abbildung 1). Seit dem Projektstart im November 2021 wurden jährlich umfangreiche Bonituren im Winterraps durchgeführt. Hauptverantwortlich für die Datenerhebung im Projekt EntoProg sind die beteiligten Pflanzenschutzdienste der Bundesländer. Bisher wurden – je nach Schaderreger – Bonituren mittels Gelbschalen, an Knospen und Blüten, Fraßbonituren sowie Ei- und Larvenbonituren durchgeführt (Abbildung 2). Aus diesen Bonituren wurden erste Modellansätze zur Prognose des Flugbeginns, der Überschreitung des Bekämpfungsrichtwerts (BRW) und der Dauer der Präovipositionsperiode entwickelt (Abbildung 2). Die Modellansätze beruhen auf einer binären logistischen Regression, mit der die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses (bspw. Zuflug) in Abhängigkeit von Wetterparametern prognostiziert wird. Weitere durch die Bundesländer erhobene Standortfaktoren wie Bodenbearbeitung oder Anbaudichte werden genutzt, um die Prognose zu präzisieren.

Abbildung 2 Entwicklungskonzept für die Herbstschädlinge im Raps.
Stand der Arbeiten in der Zuckerrübe

In der Zuckerrübe werden Entscheidungshilfen zur Grünen Pfirsichblattlaus, Myzus persicae, und der Schilf-Glasflügelzikade, Pentastiridius leporinus, zwei bedeutende Schadinsekten im Zuckerrübenanbau weiterentwickelt (Abbildung 1). Diese Insekten schädigen die Zuckerrübe vor allem dadurch, dass sie als Vektoren für verschiedene Bakterien oder Viren dienen und somit Krankheitsüberträger sind.

Das Auftreten sowie der Befall der Grünen Pfirsichblattlaus (Myzus persicae) an Zuckerrüben wird durch aufwendige Bonituren durch die Pflanzenschutzdienste der beteiligten Bundesländer durchgeführt. Die Ergebnisse der Gelbschalenbonituren in den Zuckerrübenschlägen werden von der ZEPP für die Modellierung des Flugbeginns und –verlaufs verwendet. Boniturergebnisse aus Gelbschalen im Raps im Herbst dienen der Prognose des Flugs der Blattlaus in den Zwischenwirt. Anhand der Pflanzenbonituren, also des Befalls an der Zuckerrübe durch die Blattlaus, wird die Populationsdynamik abgeleitet und ein optimaler Behandlungszeitpunkt modelliert. Da die anholozyklische Überwinterung einen großen Einfluss auf die Virusbeladung der Blattläuse hat, wird auch eine Risikoschätzung einer Überwinterung im Prognosemodell integriert. Das Risiko wird anhand von Pflanzenbonituren in den Zwischenwirten Raps, Senf und Kohl bestimmt. Anhand der erhobenen Standortfaktoren wird der Modellansatz präzisiert.

Im Jahr 2024 wurde ein neues Konzept für das EHS SIMAphid erstellt. Ziel ist es ein Expertensystem mit den einzelnen Modulen des EHS, wie „Winterbedingungen“, „Prognose Zuflug Frühjahr“ und „Prognose BRW Überschreitung“ zu verknüpfen, sodass während der Saison an Stellschrauben, die einen Einfluss auf die einzelnen Module haben, optimiert werden kann (Abbildung 3). Im nächsten Schritt muss im Detail geprüft werden, welche Stellschrauben am sinnvollsten sind und in der Praxis umsetzbar sind.

Abbildung 3 Beispielgrafik zum Expertensystem, welches das EHS SIMAphid ergänzen soll

Für die Schilf-Glasflügelzikade (Pentastiridius leporinus) werden Leimtafelbonituren zur Dokumentation des Flugbeginns und -verlaufs verwendet. Eine Bonitur der im Boden lebenden Nymphen gibt Aufschluss darüber, wie sich die Population im Feld entwickelt und dient letztlich der Prognose des Bekämpfungszeitpunkts. Die Auswertung der Nymphenbonitur erfolgt durch das Fraunhofer IME-BR. Das entwickelte Prognosemodell aus dem Vorläuferprojekt NIKIZ beruht auf einer Temperatursummenberechnung und sagt ein Auftreten der adulten Schilf-Glasflügelzikade voraus. Das Prognosemodell wird im Verlauf von EntoProg weiter validiert, verbessert und durch die Prognose des Behandlungszeitpunkts komplettiert. Aktuell bedarf es noch weiterer Forschung zur Biologie und Bekämpfung der Schilf-Glasflügelzikade. Sobald eine Bekämpfungsempfehlung gegeben werden kann, wird dies in das EHS implementiert.

Stand der Arbeiten im Mais

Im Mais wurde das EHS SIMOSTRI für die Prognose des Maiszünslers, Ostrinia nubilalis, entwickelt. Es basiert auf Lichtfallen- und Eiablagebonituren im Freiland durch die beteiligten Pflanzenschutzdienste der Bundesländer. Die Entwicklungsdauer der verschiedenen Eistadien wurde zusätzlich für eine präzisere Schlupfwespen-Terminierung bonitiert. Der Temperatursummen-basierte Modellansatz berücksichtigt alle Entwicklungsstadien des Maiszünslers, sodass auf der Basis von Schwellenwerten alle relevanten Maßnahmenempfehlungen wie z. B. „Fallen aufstellen“, „Trichogramma ausbringen“ oder „Insektizid (biologisch/chemisch) ausbringen“, abgeleitet werden können (Abbildung 4). SIMOSTRI wird anhand der Daten der kommenden Jahre verbessert und ausgebaut. Gleichzeitig findet eine Praxistestung in der Maissaison 2025 durch die Beratung statt. Eine erste Version von SIMOSTRI wurde bereits durch den ISIP e.V. implementiert.

Abbildung 4 Vorläufiger Output aus SIMOSTRI eines Beispielstandortes aus dem Jahr 2024
Künstliche Intelligenz /Machine Learning

Des Weiteren wurde künstliche Intelligenz bzw. Machine Learning eingesetzt, um die Zusammenhänge und das Potenzial verschiedener Merkmale zur Vorhersage der Aktivität der verschiedenen Schaderreger besser zu verstehen. Beispielsweise konnte bisher durch die KI-Analyse der Rapsschädlinge der Einfluss der entsprechenden Merkmale/Merkmalskombinationen für die Vorhersagemodelle exakter definiert werden. Die Analyse des Maiszünslers zeigt, dass es schwierig ist, das temperatursummen-basierte Standardmodell zu verbessern, vermutlich bedingt durch einen erheblichen Jahreseffekt, der später ausgewertet wird.

Habitatanalyse

Eine Habitatanalyse wird je nach Schaderreger ab Herbst 2025 bzw. Frühjahr 2026 für die einzelnen EHS ergänzt. Diese ermöglicht es, auf Basis von Geodaten und Standortfaktoren ein Ausgangsrisiko für das Auftreten des jeweiligen Schaderregers zu ermitteln und in Form einer Risikokarte zur Verfügung zu stellen.

Projektorganisation

Die Projektleitung und Koordination obliegt der ZEPP.

Projektpartner sind das Julius-Kühn-Institut (Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen) mit dem Institut für Strategien und Folgenabschätzung (JKI-SF, Kleinmachnow) sowie dem Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland (JKI-A, Braunschweig), der Verein der Zuckerindustrie, Institut für Zuckerrübenforschung (IfZ) in Göttingen und das Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Oekologie mit dem Forschungsbereich Bioressourcen (Fraunhofer IME-BR) in Gießen. Die Aufgaben der Projektpartner sind sehr vielfältig und beziehen sich immer auf einen der Schaderreger und dessen Bekämpfung.

Darüber hinaus führen sieben Pflanzenschutzdienste der Bundesländer (BW, BY, MV, NI, NW, RP, SN) sowie der Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer e. V. die zur Modellierung notwendige Datenerhebung anhand umfangreicher Feldversuche und Bonituren in durch (Abbildung 5).

Der ISIP e.V. wird die neuen Entscheidungshilfesysteme in sein Online-Portal www.isip.de implementieren und einem breiten Nutzerkreis bereitstellen.

Abbildung 5 Projektkonsortium EntoProg. (Deutschlandkarte: © BKG (2025) dl-de/by-2-0)

Poster EntoProg: 63. Deutsche Pflanzenschutztagung in Göttingen 2023

Vorstellung des Projektes und Konzept

Förderer und Projektpartner

Unterauftragnehmer der ZEPP

Assoziierte Partner:

  • Arbeitsgemeinschaften für Versuchswesen und Beratung im Zuckerrübenanbau (ARGEn)
  • Deutscher Wetterdienst (Abteilung Agrarmeteorologie)
  • BIOCARE Gesellschaft für biologische Schutzmittel GmbH

ZEPP

Unsere Projekte entstehen in Kooperation mit Bundes- und Landesbehörden, Universitäten, dem Julius Kühn-Institut, dem DWD und anderen Partnern.

Unser Ziel: Landwirtschaft effizienter und ökologischer gestalten – in konventionellen wie auch in biologischen Anbauverfahren.

Entscheidungshilfen

Unsere Aufgabe ist es, wetterbasierte Prognose- und Simulationsmodelle für wichtige landwirtschaftliche und gartenbauliche Schaderreger zu sammeln, zu prüfen und für den Einsatz in der Praxis weiterzuentwickeln.

Tagesaktuelle Prognosen

Die Benachrichtigungsfunktion als App informiert Sie über relevante Prognosen, neue Befallserhebungen sowie aktuelle Beraterkommentare. 

Der Elektronische Beratungsassistent steht als App mit dem Framework IONIC für die Betriebssysteme Android und iOS zur Verfügung.